EDITIONEN
 
Edition Ditzum
Anlässlich der Teilnahme an den Ditzumer Kunsttagen 2015 schuf der Künstler 5 Radierungen des Fischerortes in einer limitierten Auflage.


   
 
Charaktervoller Fischerort in ätherischen Momentaufnahmen
Es ist immer ein besonderes Ereignis und inzwischen schon gute Tradition, dass sich alljährlich am ersten Novemberwochenende bekannte Gebäude im malerischen Ditzum in Ausstellungshäuser verwandeln. Gelbe Schilder mit der Aufschrift „Open Galerie“ weisen den Besuchern der „Ditzumer Kunsttage“ dann den Weg und laden sie ein, den markanten Fischerort im Rheiderland auch in der dunklen Jahreszeit inspirierend und farbenfroh zu erleben.

Ein Ditzumer Original gab den Anstoß: Der im September 2014 verstorbene Johann (John- ny) Duin, Besitzer von „Duins Lüttje Laden“, kam vor rund zwanzig Jahren mit der Idee von einer Rei-
se zurück und konnte – als einer ihrer Motoren – bald die rege Dorfgemeinschaft überzeugen. Dabei hatten bereits viele bekann-
tere und unbekanntere Künstler der Region das vermutlich im 8. Jahrhundert entstandene Langwarftdorf schon ab dem frühen 20. Jahrhundert für ihre Freilichtmalerei entdeckt – unter ihnen der Wiener Professor Emil Rizek oder der Ihlower Dorfschul-
meister und Autodidakt Jann Jakob Stein.

Die kleine Ortschaft in der heutigen Gemeinde Jemgum (Landkreis Leer) hat vom Charme der damaligen Zeit wenig eingebüßt. Noch heute sieht man eine Anzahl Fischkutter im Muhdehafen (von altfriesisch „mutha“ = Mündung) liegen. Eine Holzbootswerft, die Bültjer Werft, ist hier beheimatet. Der Hafen besitzt eines der letzten funktionierenden Siele in Ostfriesland und gemeinsam mit der Mühle, der großen stegartigen Besucher-
brücke und der Evangelisch- reformierten Kirche ist das Siel noch immer prägend für das Ortsbild. Die Ditzumer Kirche stammt aus dem 13. Jahrhundert, wurde aber mehrmals umgebaut; der Turm in Form eines Leuchtturms datiert von 1846. Ditzum stellt mit Fährverbindungen nach Borkum, Delfzijl und Emden sowie mit der Fähre Ditzum–Petkum einen nautischen Verkehrsknoten-
punkt des Rheiderlandes dar.

Der Moormerländer Maler und Graphiker Herbert Buß hat in dem 700 Seelen-Dorf, zu dessen bekanntesten Köpfen der SPD-Politiker Hermann Tempel (1889–1944) zählt, in Frühjahr und Sommer 2015 eine eigene künstlerische Spurensuche unternommen. Anlässlich seiner Teilnahme an den 19. „Ditzumer Kunsttagen“ hat er Momentaufnahmen dieser Ortsbegehung in einer fünfteiligen Radiermappe festgehalten. Eine gewisse Dynamik verströmen darin seine Aquatinten vom Ditzumer „Hafen“, vom Anlegen der links aus dem Bild ragenden „Fähre“ und auch die perspektivisch höchst reizvolle „Dorfansicht mit Steg“. Eindrücklich ist dabei, wie der Hafendalben in den beiden Hafenmotiven zum kompositorischen Element erwächst und im Motiv „Ditzum – Fähre“ das Blatt gewissermaßen wie ein „Strip“ in der abstrakten Farbfeldmalerei Barnett Newmans zerschneidet.

Dagegen rückt sein Blick von der Emsseite auf Kirchturm und Mühle die äußere Gestalt der Bauwerke ins Blickfeld und vermeidet – bei einer großen Himmelsfläche darüber – folgerichtig jegliche Perspektive. Wie ein stolzes Relikt aus der von Landwirtschaft (und Fischerei) ganz elementar geprägten Vergangenheit, wirkt die „Ditzumer Mühle“ in einem anderen der 20x15 cm messenden Blätter. Die reduzierte Farbigkeit sorgt für eine zusätzliche Distanznahme, aber zugleich für Poesie. Dass der Künstler seine Platten wieder und wieder bearbeitet und der Ätzflüssigkeit ausgesetzt hat, verleiht seinen Blättern einen für Radierungen eher unüblichen malerischen Ausdruck. Jede Aquatinta in der kleinen Werkgruppe der Edition Ditzum wird so zu einem Unikat. Die Spurensuche von Herbert Buß jedoch erreicht hierdurch einmal mehr grundsätzlichen Charakter und gewinnt – wie beschrieben – zugleich an gestischem Impetus. Die vertrauten Motive erscheinen von einer stillen Poesie umfangen und in ein neues, zeitloses Licht gesetzt.

Dr. Lübbert R. Haneborger
Ditzum – Hafen
Ditzum – Kirche und Mühle
Ditzum – Fähre
Ditzumer Mühle
Dorfansicht mit Steg